Risk Management
Für die Künstlerin Agnieszka Kurant gibt es keine individuelle Intelligenz. Stattdessen stützt sich unsere Kultur ihr zufolge auf Handlungen kollektiver Intelligenz und gemeinschaftlicher Urheberschaft – von mündlichen Erzählungen bis hin zu Open-Source-Software. Kurant sieht auch die Geschichte aus dieser Gesamtperspektive. Für sie umfasst Geschichte nicht nur reale Ereignisse, sondern auch solche, die aufgrund kollektiven Glaubens oder Wahns existieren. Solche „Phantome“ haben nicht weniger Einfluss auf unsere Kultur als „Tatsachen“.
Mit Risk Management hat Kurant eine globale Bestandsaufnahme von Ausbrüchen sozialer Ansteckungen und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und -politik durchgeführt – von der Tulpenmanie des 17. Jahrhunderts (der ersten Finanzblase) bis zur modernen Massenhysterie über UFO-Sichtungen und Lachepidemien. Das Projekt weist auf unsere Unfähigkeit hin, komplexe soziale Verhaltensmuster selbst mit kreativsten wissenschaftlichen Methoden vorherzusehen.
Heutzutage verfügen wir zwar über immer fortschrittlichere Technologien, die in der Lage sein sollen, Risiken zu mindern, doch selbst künstliche Intelligenz kann die Irrationalität menschlichen Verhaltens nicht vollständig erklären. Indem sie den immateriellen Stoff unserer kollektiven Fantasie ans Licht bringt, provoziert Kurant uns dazu, darüber nachzudenken, wie das Unsichtbare und sogar das Unmögliche unsere Gesellschaft beeinflussen und ob wir diese Kräfte jemals kontrollieren können.